Hallo Afrika in Lübeck!
2022 zeigen die LÜBECKER MUSEEN drei Ausstellungen zu Afrika in Lübeck. Mit dieser Webseite verlassen wir die Museumsräume und fragen Sie: Was verbindet Sie mit Afrika? Welche afrikanischen Traditionen leben in Lübeck heute? Welche Spuren kolonialer Geschichte kennen Sie in der Stadt? Wir erinnern wir uns an diese Zeit?
Wir wollen die Gegenwart und die heutige Stadtgesellschaft in die Ausstellungen miteinbeziehen, den Stimmen der afrikanischen Migrant:innencommunity Gehör verschaffen, sowie bisher unbekannte Orte und Erzählungen unserer gemeinsamen Geschichte und Gegenwart im urbanen Raum sichtbar machen.
Das Projekt lebt von Ihren Beiträgen! Wir laden Sie ein, sich einzubringen und mit anderen in Kontakt zu treten!
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Ich finde der Text antwortet sehr gut auf die oben gestellte Frage und ist sehr verständlich für Neophyten.
Für Raub- und Hehlerware gibt es in deutschen Regierungskreisen einen wohlklingenden Begriff. Er heißt „Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ und bezeichnet Kunstwerke, die Europäerinnen und Europäer zwischen dem 19. und Mitte des 20. Jahrhunderts in der südlichen Erdhalbkugel geklaut haben und nach Hause mitgehen ließen.
Dabei handelt es sich nicht etwa um einzelne, von Kleinkriminellen entwendete Gegenstände. Sondern um Zigtausende von Artefakten, die aus den Kolonialgebieten unter den Augen europäischer Zoll- und Polizeibeamten in die Mutterländer der Zivilisation geschleppt wurden. Dort wurden sie gehandelt, verkauft und in Museen ausgestellt, die sich als Verwalter der menschlichen Ausdruckskraft verstehen – und damit nebenher noch etwas Geld verdienen.
Kunstwerke: „Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ soll zum Teil zurückgegeben werden.
Jüngst rang sich die Bundesregierung mit Vertreterinnen und Vertretern der Länder und Museen zu einer weltweit aufsehenerregenden Entscheidung durch. Zumindest ein Teil des „Sammlungsguts aus kolonialen Kontexten“, die legendären „Bronzen“ aus dem afrikanischen Königreich Benin, sollen im kommenden Jahr nach Nigeria zurückgegeben werden. Eine Absicht, die in Afrika auf weit verbreitete Erleichterung stieß. Die jahrzehntelangen Bemühungen afrikanischer Künstlerinnen und Künstler sowie Regierungen scheinen Früchte zu tragen.
Die Erklärung der deutschen Kulturfunktionäre enthält aber einen Schönheitsfehler. Sie würden gerne an einem Teil der weit über 1000 in deutschen Museen befindlichen Benin-Bronzen festhalten, erklärten sie. Welche und wie viele das sein sollen, erklärten sie nicht. Welchen Hehlern wird gestattet, einen Teil ihres Diebesguts zu behalten, wundert sich der nigerianische Künstler Victor Ehikhamenor.
Kunst aus Afrika: Deutsche Entscheidung ist umstritten.
Die deutsche Entscheidung, die in ihren Details bislang einzigartig ist, blieb nicht unumstritten. Was wird mit den kostbaren Schätzen im afrikanischen Chaos und Schmutz passieren, fragen die einen. Und was machen die europäischen Verwalter menschlicher Ausdruckskraft mit leeren Vitrinen, wollen andere wissen. Ist überhaupt zu klären, ob ein Kunstwerk tatsächlich gestohlen und nicht ordnungsgemäß erworben wurde?
Die Einwände sind dünner als die Patina der Bronzen. Natürlich lässt sich nachverfolgen, ob ein Kunstwerk nach der Kolonialzeit gekauft oder zuvor konfisziert worden ist. Selbstverständlich gibt es auch in Dakar, in Luanda oder in Lagos längst Museen, in denen wertvolle Artefakte ausgestellt sind. Und selbst ohne Museum haben die Bronzen mehrere Jahrhunderte im königlichen Palast in Benin City gut überstanden, bevor britische Soldaten sie 1897 raubten.
In den Augen vieler passen Kunst und Afrika nicht zusammen.
Spätestens jetzt wird klar, wovon auch diese Debatte beherrscht ist: Dass Kunst und Afrika in den Augen vieler Europäerinnen und Europäer nicht zusammenpassen. Lange wurde geargwöhnt, die Benin-Bronzen seien nicht in Afrika hergestellt worden: Den „Wilden“ wurde der Umgang mit geschmolzenem Metall nicht zugetraut. Genauso wenig wie die Texte in der Universität von Timbuktu aus afrikanischer Feder stammen können oder die majestätische Steinstadt „Great Zimbabwe“ von afrikanischen Händen errichtet worden sein kann.
Dass auf dem „dunklen Kontinent“ vor der Ankunft der zivilisierten Europäerinnen und Europäer Kunst und Kultur erschaffen wurde, gilt in weiten Teilen Deutschlands und Europas als ausgeschlossen. Selbst mit ihren vollbepackten Museen ist es den Verwalterinnen und Verwaltern der menschlichen Ausdruckskraft nicht gelungen, diese Tatsache ins Bewusstsein der Bevölkerung zu hieven.
„Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“: Afrika ist für viele nur Armenhaus.
Afrika ist in den Köpfen vieler ein riesiges Armenhaus, in dem gemordet und gehungert wird. Dass aus dem Kontinent demnach nichts wird, konnten wir in den vergangenen sechzig Jahren eins ums andere Mal sehen. Über eines will in Europa nämlich kaum jemand reden: Dass unsere Vorfahren alles getan haben, um Afrikanerinnen und Afrikanern das Leben so schwer wie möglich zu machen.
Die Geschichte des Kolonialismus wird in deutschen Schulen nicht zwingend unterrichtet. Dass unsere Vorfahren zunächst mit der Sklaverei die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung – immerhin fast 50 Millionen Menschen – verschleppt und getötet haben oder töten ließen, sollte man allerdings schon wissen.
Warum sind so viele Kunstwerke aus Afrika noch immer in Deutschland?
Auch die anschließende Okkupationszeit, die fast zwei Jahrhunderte dauerte und den dezimierten Afrikanerinnen und Afrikanern auch noch ihr Land, ihr Recht, ihre Freiheit, Lebensform und Kunstwerke kostete, darf man auch nicht vergessen.
Doch haben die Europäerinnen und Europäer den Schwarzen nicht Eisenbahnen, elektrisches Licht und Schießpulver gebracht? Okay, das geht zu weit: Man kann nicht behaupten, dass alle Deutschen noch wie früher denken würden. Aber warum sind Afrikas Kunstwerke dann immer noch in Deutschland?
Link: www.fr.de/autoren/9330/
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Darstellung eines christlichen Heiligen aus Äthiopien, spätes 19. Jh., Farbe auf Textilgrund
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